Bernd Alois Zimmermann
Über Bernd Alois Zimmermann
Es ist wichtiger, dass Zimmermann ein sehr viel differenzierteres musikalisches Empfinden und Bewusstsein gehabt hat als die meisten Komponisten seiner Zeit, dass er in der Lage war, sehr durchgehörte melodische Kantilenen zu komponieren, dass er ein sehr feines Gefühl hatte, wann man stehen bleibt und weitergeht, wann man pausiert, wann man überrascht und wann man verdichtet. (Karlheinz Stockhausen)
Bernd Alois Zimmermann wurde am 20. März 1918 in Bliesheim bei Köln geboren. Von 1929 bis 1936 besuchte er das Salvatorianer-Kolleg Steinfeld in der Eifel. Nach dem Abitur begann er 1937 zunächst eine Ausbildung zum Volkshochschullehrer, wechselte jedoch ein Jahr später an die Hochschule für Musik in Köln, um Schulmusik, Musiktheorie und Komposition bei Heinrich Lemacher und Philipp Jarnach zu studieren. 1939 wurde Zimmermann zum Kriegsdienst eingezogen. Drei Jahre später kehrte er aus Krankheitsgründen von der Front zurück. Seine Hochschulausbildung schloss er 1947 mit dem Schulmusikexamen ab. 1948 besuchte Zimmermann erstmalig die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik bei Wolfgang Fortner und René Leibowitz; gleichzeitig wurde sein Konzert für Orchester (2. Fassung, 1948) in Darmstadt aufgeführt. Um sich finanziell über Wasser zu halten, arrangierte Zimmermann in den 1950er Jahren Unterhaltungs- und Filmmusik und komponierte Beiträge für Schulrundfunksendungen. Von der Deutschen Sektion der IGNM wurde Zimmermann 1956 zum Präsidenten gewählt, gab das Amt jedoch ein Jahr später wieder auf, nachdem es ihm nicht gelungen war, zwischen den Komponisten der älteren und jüngeren Generationen zu vermitteln. Im Frühsommer 1957 erhielt er als erster Komponist ein Stipendium der Villa Massimo in Rom, wo die Arbeit an der Oper Die Soldaten begann. Von 1957 an leitete er eine Kompositionsklasse sowie das Seminar für Film- und Rundfunkmusik an der Kölner Musikhochschule. Die letzten Lebensjahre waren der Arbeit am Requiem für einen jungen Dichter gewidmet, das 1969 zur Uraufführung kam. Am 10. August 1970 schied Zimmermann in Groß-Königsdorf bei Köln freiwillig aus dem Leben.
Obwohl die Anzahl seiner Kompositionen vergleichsweise überschaubar ist, nimmt Zimmermann eine Schlüsselposition in der Geschichte der deutschen Nachkriegs-Musik ein. Er griff nicht nur die serielle Musik und Strenge der Darmstädter Avantgarde auf, sondern kombinierte diese Einflüsse in einzigartiger Weise mit Jazz-Elementen und Zitaten historischer Kompositionen. In verblüffender Weise nahm er so zentrale Ideen und Techniken der so genannten Postmoderne vorweg. Zimmermanns Werk umfasst Kompositionen für Orchester - eine Sinfonie (2. Fassung 1953), verschiedene Ballettmusiken und Solokonzerte -, Vokalwerke, Kammermusik und Sololiteratur sowie Elektronische Tonband-Musik. Das Requiem für einen jungen Dichter (1967/1969) lässt sich als Gesamtschau von Zimmermanns kompositorischer Entwicklung lesen. Es sieht eine großformatige Besetzung mit Sprecher, Solisten, drei Chören, elektronischen Klängen, Orchester, Jazz-Combo und Orgel vor. Als Texte wählte der Komponist neben Politikerreden, Berichten und Liturgien Dichtungen von Majakowski, Joyce, Pound, Camus, Schwitters und Bayer. Die Grenzen des Oratoriums werden in Richtung Hörspiel, Reportage und Feature weit hinaus geschoben.
Mit der Sonate für Cello solo (1960) und den Dialogen für 2 Klaviere und Orchester (2. Fassung 1965) entwickelte Zimmermann das Konzept der „pluralistischen Klangkomposition". Durch die Überlagerung mehrerer Metren und Rhythmen entstand eine Schachtelform unterschiedlicher Zeitebenen; zusätzlich kamen Zitate zur Anwendung. In der Oper Die Soldaten (1957-1965) wurde die Simultantechnik zum zentralen Ausgangspunkt („Kugelgestalt der Zeit“). Schon die literarische Vorlage, das Schauspiel von J.M.R. Lenz, sprengt die Einheit von Raum und Zeit, die Handlungsstränge verlaufen parallel. Zimmermann ließ den Schauspieltext weitestgehend unangetastet – in einer Collagetechnik werden Textteile zusätzlich verdichtet. Die geplante Uraufführung von Die Soldaten für 1960 wurde zunächst verschoben, da das Werk als unspielbar galt. 1965 feierte die Oper schließlich an den Städtischen Bühnen in Köln Premiere – ein Sensationserfolg, der bis heute nachwirkt.
Zimmermann wurde mehrfach mit Preisen geehrt, stellvertretend seien genannt: der Große Kunstpreis von Nordrhein-Westfalen (1960) und der Kunstpreis der Stadt Köln (1966). 1965 wurde Zimmermann zum Mitglied der Berliner Akademie der Künste ernannt.
Werkliste
Galerie
Chronologie
Im Wintersemester Beginn einer Volksschullehrerausbildung in Bonn
Beginn eines Schulmusikstudiums an der Kölner Musikhochschule
Er erkrankt 1943, wird zur weiteren Behandlung nach Köln entlassen und nimmt ein Studium der Musikwissenschaft in Köln auf
Uraufführung "Konzert für Orchester" (1. Fassung)
Erste dodekaphone Komposition (2. Satz des "Violinkonzert")
"Exerzitien" (2. Teil des "Enchiridion"), "Symphonie in einem Satz" (1. Fassung)
Uraufführung "Oboenkonzert" durch Hans Rosbaud in Donaueschingen
"Cellokonzert" (später umgearbeitet zu "Canto di speranza")
Uraufführung "Canto di speranza" durch Siegfried Palm
Komposition "Sonate" für Cello solo, "Dialoge" (1. Fassung), neue Überlegungen zum geplanten Oratorium
Kontakte mit Paul Pörtner
Kunstpreis der Stadt Köln Weiterarbeit am Oratorium
Beginnt ein neues Opernprojekt "Medea" (nach Hans Henny Jahnn)
"Tratto I"